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Lieblingsgedichte

Lieblingsgedichte

Gedichte, die ich fantastisch finde, darunter welche, die ich mir selbst übersetzt* habe, um sie in meinen eigenen Worten in mir nachklingen lassen zu können. Eine laufende Sammlung.

e.e. cummings
lass sie los – das

lass sie los – das
zertrümmerte wort
aufgebrochenen schwur oder
längsseits aufgerissenen eid
– lass los
was beschworen ist
zu gehen

lass sie gehen – die
wahrhaftigen lügner und
falschen gerechten freunde
und die sowohl als auchs und
weder nochs – du muss sie gehen lassen sie wurden geboren
um zu gehen

lass alles gehen – die
großen kleinen mittendrin
echt hohen, großen
die größten und alle
dinge – lass alles gehen
liebes

so kommt die liebe

let it go – the

let it go – the
smashed word broken
open vow or
the oath cracked length
wise – let it go it
was sworn to
go



let them go – the
truthful liars and
the false fair friends
and the boths and
neithers – you must let them go they
were born
to go

let all go – the
big small middling
tall bigger really
the biggest and all
things – let all go
dear

so comes love

Wisława Szymborska
Wahlmöglichkeiten*


Ich mag Filme lieber.
Katzen mag ich lieber.

Ich mag die Eichen entlang der Warta lieber.
Ich mag Dickens lieber als Dostojewski.
Ich habe Nadel und Faden lieber griffbereit, für alle Fälle.
Ich selbst ziehe es vor, die Menschen zu lieben
statt die ganze Menschheit.

Ich mag die Farbe Grün lieber.
Ich behaupte lieber nicht, dass die Vernunft an allem Schuld ist.
Ausnahmen sind mir lieber.
Ich ziehe es vor, früher gehen.

Mit Ärzten rede ich lieber über etwas anderes.
Ich mag die Absurdität des Gedichteschreibens lieber,
als die Absurdität des Nichtgedichteschreibens.

Was die Liebe betrifft, mag ich Jahrestage lieber, die man feiern kann, wann man will.
Ich mag Tugendwächter lieber, die mir nichts versprechen.

Ich mag humorige Freundlichkeit lieber als die zu vertrauliche Art.
Ich mag den Staub in den Zivilklamotten lieber.
Ich mag die eroberten Länder lieber als die erobernden.

Ich habe lieber ein paar Vorbehalte.
Ich habe die Hölle des Chaos lieber als die Hölle der Ordnung.
Ich mag Grimms Märchen lieber als die Schlagzeilen der Zeitungen.
Ich mag Blätter ohne Blüten lieber als Blüten ohne Blätter.

Ich mag Hunde mit unkupierten Schwänzen lieber.
Ich mag helle Augen lieber, weil meine dunkel sind.

Ich mag Kommodenschubladen lieber.
Ich mag viele Dinge lieber, die ich hier nicht erwähnt habe, als viele Dinge, die ich auch nicht gesagt habe.

Ich mag freie Nullen lieber als solche, die sich hinter einer Zahl aufreihen.
Ich mag die Rhythmen der Insekten lieber als die der Sterne.

Ich drücke lieber die Daumen.
Ich frage lieber nicht wie lange noch und wann.

Ich stelle mir sogar lieber die Möglichkeit vor,
dass die Existenz ihre eigenen Gründe für das Sein hat.

Ursula Le Guin
Zurückschauen*


Erinnre dich an mich bevor ich zum Salzhaufen wurde
Das lachende Kind, das selten tat
Was es sollte oder kam, wenn es gerufen wurde

Das fröhliche Mädchen, das Lot zur Frau nahm
Die glückliche Frau, die ihre sündige Stadt liebte

Erinnre sie nicht mit Mitleid

Ich sah, wie ihr aus der Stadt zogt
In die Wüste eures unerbittlichen Glaubens

Wo der Frühling trocken, die Erde tot
Ich sah zurück, nicht vorwärts, in den Tod.

Der verzeihende Regen, er löst mich auf, und ich komme
Immer noch ungehorsam, immer noch glücklich, heim.

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